DRX 2024: Nina Riese – mit Besonnenheit und Rallycross-Genen in die Spitze der DRXN2

(v.l.n.r.): Andreas Huhn, Nina Riese, Dietmar Brandt. Bild: Ralf Hofacker/Deutsche Rallycross Meisterschaft

Hey Nina,
du hast eine beeindruckende Saison 2023 mit vielen Höhen, aber auch Tiefen hinter dir. Doch vom Anfang bis zum Ende der Saison wurdest du immer schneller!
Was ist dein größtes Erfolgserlebnis der Saison und was sind deine Ziele für dieses Jahr?

Hallo und erstmal vielen Dank!

Die Saison 2023 hatte definitiv viele spannende Momente, zu denen ich gerne zurückdenke und sofort grinsen muss. Als Highlight kommen mir jedoch vor allem als das Anführen des Semi-Finals auf dem Estering und von dem achten auf den dritten Platz in Gründau gefahren zu sein in den Sinn. 

Für diese Saison ist es mein Ziel, dort anzuknüpfen, wo ich in der letzten Saison aufgehört habe. Über die Saison hinweg gab es immer wieder kleine Lücken zum vorderen Feld, die sich schlussendlich auch aufsummieren. Da möchte ich in diesem Jahr ansetzen, indem ich die Lücken schließe und somit versuche, unter die Top 3 zu fahren. 

Das Negativ-Highlight war mit Sicherheit dein heftiger Abflug in Buxtehude. Aber schon am Abend warst du wieder etwas besser gelaunt. Was ging in dem Moment in dir vor?

Ein Überschlag ist für mich – gerade nachdem ich schon vor einigen Jahren bereits meinen ersten Überschlag hatte – nie etwas gewesen, vor dem ich große Angst hatte. Allerdings habe ich das Geschehen in Buxtehude erst zu einem sehr späten Zeitpunkt des Überschlags realisiert, weshalb ich dementsprechend geschockt war. Da ich derzeit jedoch inmitten des Verfassens meiner Bachelorarbeit gewesen bin, muss ich ehrlicherweise zugeben, dass meine erste Sorge war, dass mein Auto kaputt ist und das nächste Rennen, also Gründau, in nur knapp 4 Wochen stattfinden würde. Meine Bedenken, dem erforderlichen Zeitmanagement nicht gerecht werden zu können, wurden mir jedoch dank meiner Familie sowie Andreas und Dietmar schnell genommen. Mein Papa hat direkt an dem Montag nach dem Estering angefangen den Polo neu aufzubauen und hat sich unfassbar viel Mühe gegeben, mich zeitlich bestmöglich zu entlasten. Wie das Rennen in Gründau dann gezeigt hat, haben wir in den vorangegangenen Wochen als Team funktioniert und das hat mich sehr stolz gemacht.

Es ist eine komische Frage, aber hast du auch etwas positives aus dem Unfall mitnehmen können? Denn gefühlt hast du direkt im nächsten Rennen noch stärker angegriffen!

Ich habe nach dem Estering einmal mehr festgestellt, dass alles nur so schlimm ist, wie man es selbst zulässt. Bei uns in der Familie kommt selten die Frage, ob ich/wir etwas schaffen, sondern viel mehr wie wir das Schaffen. Zugegebenermaßen ist dies in manchen Moment ein Fluch aber in den meisten Momenten ein sehr großer Segen, so war es auch nach dem Unfall. Das leistungsstarke Rennen in Gründau ist aber auch dem Fakt zu schulden, dass ich ein sehr starker Kopf-Mensch bin und mit der achten Startposition wirklich keinerlei Erwartungen hatte. In solchen Momenten fahre ich erfahrungsgemäß am besten. Zusätzlich dazu haben wir einen vierzig Jahre alten Reifen, den sich Papa seit Ewigkeiten aufgehoben hat geopfert und mit der Taktik gespielt, dass er bei den hohen Temperaturen deutlich länger Grip abgibt als die der anderen. Nachdem ich die erste Runde irgendwie überlebt habe, war dies dann übrigens auch der Fall.

Du kommst aus einer absoluten Rallycross-Familie und hast tolle Unterstützer. Wie hilft dir deine Familie und welche Rolle haben Dietmar und Andreas für dich?

Das Betreiben von Motorsport ist schon immer meine Leidenschaft, allerdings weiß auch jeder, dass diese alleine nicht umsetzbar wäre. Meine Familie sowie Dietmar und Andreas unterstützen mich somit in jeglicher Hinsicht so gut sie können, damit ich mein Hobby umsetzen kann. Dabei liegt die Umsetzung der Saison, also die Vor- und Nachbereitung sowie das Rennwochenende selbst in der Hand meiner Familie und mir. Zusammen mit meinem Papa verbringe ich sehr viel Zeit in der Werkstatt und wir setzen den Polo immer wieder instand. Dies ist vor allem unter dem Aspekt der teilweise kontaktfreudigen DRXN2 eine intensive Aufgabe und ich bin sehr stolz, zusammen mit Papa dort eine tolle Leistung zu zeigen. Mit Mama zusammen organisiere ich alles abseits des Polos und von ihr habe ich gelernt, wie ein Rennwochenende funktioniert. An der Rennstrecke habe ich in den letzten Saisons primär und ausführlich mit meinem Bruder gesprochen. Durch viel  analysieren konnten wir Feststellen, dass ich anders als mein Papa oder Jannik selbst lerne und denke. Diesen Fakt anzunehmen hat uns enorm weitergebracht und ich kann somit durch Papa oder Jannik als Spotter deutlich zielführender agieren. Andreas und Dietmar unterstützen mich schließlich rund um das Auto und mein Auftreten dort, wo ich früher Abstriche gemacht habe. Durch dessen unermüdliche Unterstützung ist es mir in den letzten Jahren gelungen, einem stimmigen Gesamtbild immer näherzukommen und vor allem zu lernen, mich der Außenwelt zu verkaufen und für meinen Wert einzustehen. Wir haben also alle mehr oder weniger unsere einzelnen Teilgebiete, wobei jeder – auch Freunde und Familie, die mich unterstützen – eine unersetzliche Position einnimmt. Dafür bin ich außerordentlich dankbar!

Liebäugelst du nicht auch mal damit in eines von Dietmars Supercars zu steigen?

Die Vergangenheit hat mir gezeigt, dass die Denkweise meiner Eltern, mit wenig Material bestmögliche Ergebnisse zu erzielen, mir viele Grundregeln und Fähigkeiten des Rallycross Fahrens verinnerlicht hat. Dennoch bin ich inzwischen in einem Leistungsbereich angekommen, bei dem ich mich natürlich immer über einen Weg nach oben freuen würde. Ich bin mir allerdings im Moment sicher, dass ich mit einem Start in der DRXN2 womöglich genauso viel Adrenalin und Spaß habe, als wenn ich in einem Supercar sitzen würde. 

Als Studentin ist es sicher nicht einfach eine volle Saison zu finanzieren. Auch dein Bruder hat Schwierigkeiten sein Budget zu finden. Was kannst du anderen Interessierten in einer ähnlichen Situation empfehlen?

Dass es im wahrsten Sinne des Wortes äußerst sportlich ist, neben dem Studium das Rallycross fahren umzusetzen, musste auch Jannik damals schon erkennen. Inzwischen ist er jedoch in den letzten Zügen seines Masterstudiums und arbeitet nebenbei in Vollzeit bei Porsche in der Entwicklung. Obwohl die Ausgangsposition für das Fahren einer vollen Saison inzwischen also deutlich besser ist, ist es ihm nun aufgrund seines Umzugs und der zeitlichen Komponente nicht möglich zu fahren. Durch das Studium bin ich da im Moment noch deutlich flexibler, muss aber ehrlicherweise sagen, dass sämtliche Zeit sowie alles übrige Geld in den Rallycross Sport gehen und ich einen sehr toleranten Freundeskreis habe. Ich würde empfehlen, das Interesse von Freunden und Familie – das mit Sicherheit aufkommen wird – anzunehmen und kann aus Erfahrung sagen, dass man Hilfe annehmen kann und muss. Man sollte sich sicher sein, dass man für das, was man tun möchte, wirklich brennt und sich darauf freuen, dass jedes einzelne Rennwochenende im Umkehrschluss alles zurückgibt, wofür man sich so bemüht hat.

Und wie läuft das Studium neben dem ganzen Rallycross?

Das Studium läuft soweit gut und ich konnte bis jetzt alles nach meinen Vorstellungen umsetzen. Ich habe im Oktober letzten Jahres meinen Bachelor in Sportwissenschaften beendet und direkt im Anschluss den Master in Sportmanagement in Darmstadt begonnen. Da ich Vollzeit studiere, ist dies im Endeffekt mein Job und ich plane nicht allzu weit weg von der Regelstudienzeit zu kommen. 

Die DRXN2 ist eine tolle und schnell wachsende Einsteigerklasse. In den spannenden und hart umkämpften Rennen wird aber auch viel Lack ausgetauscht. Somit ist es vermutlich auch die härteste Klasse in der DRX aktuell. Dennoch habt ihr einen sehr familiären Umgang im Fahrerlager miteinander, das kennt man aus anderen Serien und Klassen so nicht! Was gefällt dir besonders in der DRXN2 und wie beurteilst du die Härte der Rennen?

Bild: Ralf Hofacker/#itsaracpic

Mit der DRXN2 hat sich für mich eine Klasse mit ganz eigener Dynamik entwickelt. Ich denke, jeder von uns weiß, dass die spannenden Rennen gerade durch die seriennahen Autos größtenteils durch uns selbst als Fahrer:innen geschaffen wurden und das macht vermutlich alle ein wenig stolz. Durch die Härte der Rennen sieht man jedoch auch die dahinterstehenden Fahrer:innen aus einem anderen Blickwinkel und die Gefahr, dass dort Diskrepanzen entstehen, ist – im Sinne des Naturell jenes Menschen – nicht gering. Wir haben es durch die notwendige Kommunikation geschafft, potenzielle Streitpunkte zu besänftigen und konnten deshalb auch abseits der Rennstrecke eine tolle Gemeinschaft bilden, bei der jede:r den anderen Fahrer:innen mit Respekt gegenübertritt.

Zum Abschluss würde ich gerne noch wissen: Wird man in deinem Zelt dieses Jahr auch Fahrzeuge von Jannik und Uli sehen?

Ich weiß, dass es für beide eine sehr große Freude wäre, allein schon nur einen Teil der Saison fahren zu können. Leider sind die damit verbundenen zeitlichen und finanziellen Komponenten jedoch zum größten Teil unüberschaubar, weshalb sich eine Teilnahme bestenfalls kurzfristig ergeben würde.

Vielen Dank, dass Du Dich mit mir und dem Team dahinter rund um meine Familie sowie Dietmar und Andreas so intensiv auseinandergesetzt und tolle Fragen formuliert hast!

Sehr gerne! Viel Erfolg für die Saison!

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